Buddha und die Geister

Ruhender Buddha im Chaukhtatgyi Buddha-Tempel in Yangon. Foto: jag, 2012.
Ruhender Buddha im Chaukhtatgyi Buddha-Tempel in Yangon. Foto: jag, 2012.

Bagan, Burma – Buddha lächelt. Buddha sinniert. Buddha meditiert. Buddha sitzt, ruht und stirbt. Abermillionen von Pagoden, rostbraunsteinern, gräulich irden, steinern und golden, gekrönt von strahlend goldenen Kronen, Regenschirmen gleich. Denkmäler, Raststätten und Wegweiser für den wandernden, für den suchenden Geist. Auf einem steinigen Pfad wandelt, wer Buddha in sich sucht, Entbehrungen erduldend, oft gefährlich nahe an den eigenen Abgründen entlang. Die Suche auf sich zu nehmen: eine Reise ins Unbekannte, alles Verändernde. Wer irrlichternden Versprechungen folgt, gerät ins Abseits und verirrt sich ins Weltfremde, Vergeistigte, Esoterische. Nur der Grundehrliche, sich selbst gnädig Betrachtende und mit offenen Armen Empfangende findet auf den Boden der Realität. Am Ende Frieden? Vielleicht. Buddha begleitet. Buddha führt. Nicht alle Burmesen folgen diesem steinigen Pfad, viele verlassen sich lieber zusätzlich auf die Geister.

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Nat-Figur der burmesischen Geisterwelt. Foto: jag, 2012.
Nat-Figur der burmesischen Geisterwelt. Foto: jag, 2012.

Wie leicht ist dagegen das Leben mit den Nat: Sie geistern in den Köpfen der Burmesen – Märtyrer, Menschen einst, vom Unglück versehrte, lieblos gestorbene, zu Heiligen verbrannte. Könige, Prinzen, Mönche, Illustre. Mächtige Wesen nun: Wächter und Dämonen, Wohltäter und Plagegeister, Herrscher des hoffenden Geists. Sie reiten auf Elefanten, sitzen auf Lotusblüten, Fächer haltend; sie spielen Harfe, leben in Bäumen, Steinen, Wäldern und Feldern, alles beseelend, über alles und alle wachend. Sie sind die Verkörperungen archaischer Ängste und Sehnsüchte, so nah, so menschlich. Ein uralter Aberglaube aus einem Zeitalter, bevor Buddha geboren war. Als er kam, wurde er von den Burmesen selbst zu einem Nat gemacht – Buddha in der Geisterwelt. Nur eine seiner vielen Gestalten.

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Jahrtausendjahre alte Verirrungen, in die Irre führender Glaube, steile Abhänge, Abgründe und die unendliche Lüge. Der Weg ist lang. Warten auf Buddha. Buddha wartet.

Jan Graber, Dezember 2012