Im Bienenhaus

Yangon – Der Flughafen von Yangon, sechs Uhr morgens – im Bienenhaus. Summen, Brummen, Vibrieren, geschäftiges Treiben. Abflugstation in die vier Himmelsrichtungen Myanmars. Aus dem Taxi raus in den schon feuchtwarmen, dämmernden Tag. Die Koffer, kaum aus dem Wagen gehievt, verschwinden im Innern des Gebäudes, in die Obhut genommen von zwei Burmanen; wohin sie verschwinden vorerst ein Rätsel, aber man drückt den Trägern einen Kyat-Schein in die Hand. Die Check-in-Halle hat die Grösse einer Hotellobby, an einem der frei stehenden Pulte warten zwei Flughafenangestellte. Check-in-Schalter mit elektronischen Waagen und Laufbändern gibt es nicht. Welches Stehpult zu welcher Fluggesellschaft gehört, enthüllt sich dem Reisenden erst auf den zweiten Blick, der Eincheck-Prozess erweist sich als ebenso obskur. Das Bodenpersonal der Airline blättert in Papierstapeln, sucht die Namen, vergleicht die Pässe. Der Reisende zeigt die Streckenabschnitte, erhält eine mit einer Nummer bestempelte Einsteigekarte und einen farbigen Kleber mit dem Symbol auf die Brust. Was Nummer und Symbol bedeuten, bleibt im Dunkeln, ebenso wohin das Gepäck verschwindet; ob es am selben Ziel ankommt wie der Reisende – ungewiss. Hinter dem Stehpult hängt eine Tafel mit handgeschriebenen Flugnummern und Abflugzeiten.
Der Sicherheitscheck: eine Röntgenmaschine aus dem letzten Jahrhundert. Eintritt in die Abflughalle, das Summen wird lauter, hunderte Wartende sitzen auf heruntergerittenen Stühlen, stehen in der Halle, trinken Kaffee, plaudern. Ohrenbetäubend laut krächzen die Lautsprecher Unverständliches, man entdeckt Kleber auf den Brustkörben anderer Reisender, manche entsprechen dem eigenen. Zwei Türen, vor denen sich nach einem Aufruf Schlagen bilden – die Gates. Ab und zu ein junger Birmane mit einem Schild, darauf eine Nummer – laut ruft er den Flug in den Raum; eine weitere Traube bildet sich vor dem einen Gate. Wenn sich diejenigen mit demselben Kleber wie der eigene erheben, weiss man, dass man einsteigen kann.
Ankunft in Heho, Inlesee, erneut ein Raum, kleiner noch als die Abflughalle. Dutzende Reisende, wartend. Plötzlich ein Wägelchen mit Koffern, sie werden abgeladen, in die Halle getragen und abgestellt. Manche Reisende stürzen nach draussen, suchen nach ihrem Gepäck, andere warten darauf, dass die Taschen in die Ankunftshalle getragen werden. Mirakulöserweise steht plötzlich das eigene Gepäck im Raum. Es ist angekommen, das System funktioniert.
Jan Graber, Dezember 2012